Donnerstag, 18. Juni 2009

Was Helmut Kohl mit antiker Pornographie in Nepal zu tun hat



(Obere drei Bilder: Details eines Shiva-Tempels mit tantrischen Darstellungen in Bhaktapur.)

Einer meiner ersten Ausflüge hat mich nach Bhakthapur verschlagen, eine von drei (neben Kathmandu und Lalitpur) alten Königsstädten im Kathmandu-Tal. Als ich in Bhaktapur ankomme, fühle ich mich um einige hundert Jahre zurückversetzt: unzählige hochaufragende Tempel im Pagodenstil bewacht von teils riesigen Fabelwesen des Hindu-Universums, die Dachgiebel und Eingänge mit edelster Handarbeit vertäfelt. Die ganze Szenerie ist dominiert von der rostfarbenen Patina der Ziegel, aus denen Straßen und Gebäude bestehen. Dass der Kern der 80.000-Einwohner-Stadt Weltkulturerbe ist, verstehe ich schnell. Auch heute noch ist die alte Architektur intakt, sind die jahrhundertealten Gemäuer bewohnt, Neubauten werden dem Stil angepasst und fügen sich harmonisch in die Häuserzeilen ein.

(Prashannashil Mahabihara: eines der ersten Häuser, das die GTZ wieder aufgebaut hat.)

Die Gründung der Stadt durch die mächtige Dynastie der Malla-Könige datiert auf das Zwölfte Jahrhundert. Auf dem Höhepunkt ihres Glanzes und ihrer Macht (zwischen dem 14. Und 16. Jahrhundert) beherrschten sie das Kathmandu-Tal und hatten in ihrer Hauptstadt Bhaktapur über 170 Tempel und Schreine errichtet.(Nyatapola: Der höchste Hindu-Tempel Nepals in Bhaktapur.)

(Durbar Square (Palastplatz) in Bhaktapur, im rechten Hintergrunf König Bupathindra Malla auf einer Säule, im Mittelgrund: 55-Fenster-Palast.)

(Das Goldene Tor.)

König Bupathindra Malla ist auf einer Säule auf dem Platz vor dem Palast verewigt, seinen Blick auf das "Goldene Tor" gerichtet. Durch dieses prachtvoll gearbeitete Stück nepalesische Handwerkskunst gelangt man, auch heute noch an einer bewaffneten Wache vorbei, zu einem heiligen Hindu-Tempel, zu dem ich als Nicht-Hindu keinen Zutritt habe. Unzählige Geliebte habe der König gehabt und die alle zufrieden zu stellen, sei ja nicht so einfach, erklärt mir mein Guide. Daher habe sich der Monarch neben dem Palast (55-Fenster-Palast) unter anderem einen Shiva-Tempel mit allerlei erotischen Ideen, die dem indischen Tantra-Kult entlehnt sind, quasi als Anleitung für den abwechslungsreichen Beischlaf, bauen lassen.

Zum antiken Porno-Kino sind es dann auch nur zwei Minuten zu Fuß. Zwischen beiden Gebäuden befindet sich eine weitere Pagode, deren kleine Widmungstafel, dezent am Fuß des Gebäudes angebracht, meine Aufmerksamkeit erregt.


(Wiederaufgebaute Pagode.)

(Gedenktafel für den Wiederaufbau der Königsstadt Bhaktapur.)

Kein geringerer als Helmut Kohl war 1987 an diesem Ort um "in Anerkennung der hohen Baukunst" den Wiederaufbau Bhaktapurs als "Staatsgeschenk der Bundesrepublik Deutschland an das nepalesischen Volk" zu überbringen. 1934 hatte ein Erdbeben viele Gebäude zerstört. Seit Anfang der Siebziger Jahre waren Mitarbeiter der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) schon damit beschäftigt andere wichtige Bauten zu restaurieren. Der Besuch Helmut Kohls bildete dann den Abschluss dieses langen und erfolgreichen GTZ-Projekts.

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